Schlechte Bilder
Aufnahmen mit der Kleinstbild(spionage)kamera "Minox" mit ihren nur 8 x 11 mm großen Negativen sind vollformatig auf 30 x 40 cm vergrößert worden, was wegen des zu erwartenden Qualitätsverlustes eigentlich unüblich ist. Mit ihrem schwarzen Negativrand wurden die Bilder als Heliogravüren auf Büttenpapier gedruckt.* Schlechte Fotografien gibt es eigentlich nicht. Was ist denn ein 'schlechtes' Bild? Die 'guten' Bilder der glamourös schillernden Repräsentation Wiens voller Prunk sind es eher nicht, ihnen steht der untergründige Bauch von Wien (wie bei Paris) gegenüber: der dritte Mann, die Gruft unter dem 'Steffel', das Beerdigungsmuseum, der Zentralfriedhof. Die Reihe reagiert mit "inneren" Bildern darauf, deren "schlechte" Seite auf das untergründig Verdrängte und die andere Seite (Kubin) abzielt, dabei diese Reaktion ernst nimmt und positiv wendet. Die eigentlich klaren Bildzeichen und ihre Aussagen führen, leiten und weisen hin, eröffnen jedoch auch eine magische Spannung, eine Labyrinth, hierhin, dorthin – raus ... Möglicherweise verleiten sie zu (vielleicht fälschlichem) Nachdenken, schließlich sind die negativen Kreuzformen nur die Stellvertreterschablonen für die Positionierung der eigentlichen Kreuze auf den Särgen in der Zimmerei des Zentralkrankenhauses von Wien ...
* Es handelt sich um Kupfertiefdrucke, bei denen auf die Kupferdruckplatten Fotografien rasterlos übertragen worden sind. Dieses so genannte Heliogravüre-Verfahren ist 1888 in Wien erfunden worden und diente vornehmlich zur Reproduktion von bedeutenden und damit 'guten' Kunstwerken. Solche Faksimilie-Drucke weisen kein Autotypieraster auf, bei dem das Bild in die gewöhnlichen oft störenden Bildpunkte zerlegt wird. Der Druck enthält nur ein für das bloße Auge kaum sichtbares Korn. Die Fotografie nutzte das kunstfotografische Edeldruckverfahren zur Nobilitierung während der Epoche der Kunstfotografie vor und um 1900. Wie alle alten Verfahren geriet es im Zuge der fortschreitenden Technisierung in Vergessenheit, um dann Ende des 20. Jahrhunderts wiederentdeckt zu werden.