Klaus Dierßen
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Eine zum Abriss bereite alteingesessene Fleischfabrik in der altehrwürdigen Stadt Hildesheim, jener Stadt mit dem bedeutenden Knochenhaueramtshaus, das zusammen mit der Stadtsilhouette die kahle Kantine des Verarbeitungsbetriebes als vorbildliches Wandbild vom potenten Eigner scheinbar prächtig schmückt. Der eigene Erfolg wird historisierend fundiert: Freibankfleisch in die ganze Welt signalisieren die übrig gebliebenen Etiketten. Gestapelte fabrikneue leere Dosen sind wie in einer Schießbude in sich zusammengefallen, die silbrig schimmernden Dosendeckel liegen wie Silbergeld verstreut auf dem Boden des re-konstruierten Chefzimmers an dessen Wänden sich noch die Versandkartons stapeln. Die Stühle der Kantine: ohne Beine nutzlos. Die einträgliche Würstchenverpackung schlingt sich von der Rolle zu einem Gewölle in der ehemaligen Fleischerei. Die Jahrmarktbude(n) eines kindlichen Dosenwerfens als foto-grafische Inszenierung erscheint als ein grenzenloses Spiel mit den Resten kurz vor dem endgültigen Untergang ...

(Text aus 1998)

 
Hildesheim 2021